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Die Befreiungsbewegung

Einfluss auf die Befreiung

Einer der größeren Einflüsse auf die Befreiungsbewegung (Kaihō undō) waren die Reisunruhen, über dass wir hier berichtet haben.

Darüber hinaus waren viele burakumin unzufrieden mit der Harmonie-Bewegung (Yūwa undō) und ihren Ideologien, die die Verantwortung für ihre Notlage den burakumin selbst oder vielmehr ihrer „Einstellung“ (Cangià 2013:81) zuschrieben und von den buraku-Eliten dominiert wurden, also denjenigen, die wohlhabend waren und daher keine Hilfe oder Politik benötigten.

Abgesehen von der Untätigkeit der Regierung und der Gruppen der Harmonie-Bewegung wurden die Ideale der Selbstbestimmung von Woodrow Wilson verkündet und von Denkern wie Sano Manabu und Nakae Chōmin unterstützt.

 (Teraki 2019:130;Tsutsui 2018:160).
 

Nakae Chōmin zog 1887 nach Osaka und lebte im outcase-Gebiet namens "Watanabe-mura" (Teraki 2019:130). In dieser Zeit begann er, Schriften zu veröffentlichen, als wäre er "burakumin", und argumentierte, dass die heutigen outcaste ​"[...] become partners in the revolution" ("[...] Partner in der Revolution werden könnten") (Teraki 2019:131). Teraki meint, dass "[...] one of the most compelling views of the Buraku problem at this time was the one by Nakae Chōmin" ("[...] eine der überzeugendsten Ansichten des buraku-Problems zu dieser Zeit die von Nakae Chōmin war") (2019:130).


Sano Manabu hingegen plädierte für eine unabhängige Organisation der burakumin zu ihrer Befreiung und zum Kampf an der Seite anderer leidender Menschen.

Einige Sätze aus
„Die Befreiung der tokushu buraku
von Sano Manabu

「此種の社会に在りては、もはや何等の存在理由なき歴史的伝統も依然、一の社会的規範として拘束力を有し得るのである。私が此處に論じようとする特殊部落民は、斯る不合理な制度の残す最大の犠牲である。

"In einer solchen Gesellschaft können historische Traditionen, die keine Daseinsberechtigung mehr haben, immer noch als soziale Norm verbindlich sein. Die tokushu buraku, über die ich hier sprechen werde, sind die größten Opfer, die ein solches irrationales System hinterlassen hat.“

(Sano 1922:154-155)

「 […]、一千年来の種族的反感に虐げられ来つた穢多族の根本的解放を企つる必要がある。」

"Die grundlegende Emanzipation der eta-Gruppe , die seit tausend Jahren von Rassenfeindlichkeit unterdrückt wird, muss geplant werden."
 

(Sano 1922:155)

「所全、特殊部落民の徹底的解放は社会改造の重大なる要素である。社会改造の大業が単にプロレタリや階級の解放を似て終わるべきでない。それは必ず有らゆる苦める人々を包含せねばならぬ。」

"Die vollständige Emanzipation der tokushu buraku ist ein wichtiges Element der Sozialreform. Die große Aufgabe der Sozialreform darf nicht nur mit der Befreiung der Proletarier und der Klassen enden. Sie muss notwendigerweise alle leidenden Menschen einschließen."

(Sano 1922:175)

「私は特殊部落の人々の自立的運動と、他の苦しめる人々との結合と、其の上に築かるる社会改造の大理想の上に、始めて此の薄倖なる社会群の徹底的に解放せらるる「善き日」を想像し得るのである。​」

"Ich kann mir nur einen 'guten Tag' vorstellen, an dem diese unglückliche soziale Gruppe auf der Grundlage eines großen Ideals sozialer Reformen, die auf der unabhängigen Bewegung der tokushu buraku und ihrem Zusammenschluss mit anderen leidenden Menschen beruhen, vollständig befreit wird."

(Sano 1922:176)

Schwalbengesellschaft

Vor der nationalen Levellers-Gesellschaft waren die Gründer davor in 1920 in einer kleineren Gruppe, der Schwalbengesellschaft (燕会 Tsubame kai), zusammengeschlossen (Teraki 2019:176).

Saikō Mankichi, eines der Mitglieder, glaubte, "[…] that only socialists could live a discrimination free world and so only if they were to become socialists would they find a different way of thinking about discrimination […]" ("[...] dass nur Sozialisten in einer diskriminierungsfreien Welt leben könnten, und dass sie nur, wenn sie Sozialisten würden, eine andere Art des Denkens über Diskriminierung finden würden [...]") (Teraki 2019:177)

Zu den Aktivitäten der Schwalbengesellsachft gehörten Lokalreformen und eine Forschungsstudiengruppe, um die “problems of discrimination” ("Probleme der Diskriminierung") (Teraki 2019:177) zu verstehen. Außerdem sympathisieren sie sehr mit anderen unterdrückten Gruppen. Als sie dann den Artikel von Sano Manabu mit dem Titel „Die Befreiung der tokushu buraku“ lasen, begannen sich die Ideologie und die Ziele einer Befreiungsbewegung zu formen.

Während sie sich von der bereits bestehenden Harmonie-Bewegung distanzierten, basiert die neue Organisation, die nationale Levellers-Gesellschaft, auf der Idee des "path to liberation through their own efforts" ("Weg zur Befreiung durch ihre eigenen Anstrengungen") (Teraki 2019:178)

Nationale Levellers-Gesellschaft

Die Gründer

Die Gründer der nationalen Leveller Gesellschaft (Suiheisha)

Foto:

OHRM 2005:5

Saikō Mankichi 

Saikō Mankichi

西光万吉

geboren in Nara

17.4.1895 - 20.3.1970

 

Geboren als Kiyohara Kazutaka (清原一陸), er war er einer der Gründer der Schwalbenvereinigung. Er entwarf den Banner und war auch an anderen Bewegungen beteiligt und war Mitglied der Kommunistischen Partei.

(OHRM 2005:27)

Foto: OHRM 2005:27

Sakurada Kikuzō

Sakurada Kikuzō

桜田規矩三

Geboren in Nara

10.01.1896-31.12.1963

 

Bei der Gründung der nationalen Levellers-Gesellschaft las er die Charta und wurde Mitglied des Zentralkomitees. Er beteiligte sich aktiv an den Denunziationskämpfen in seiner Heimatstadt Kyoto, wo er Vorsitzender der Ortsgruppe war.

(OHRM 2005:30)

Foto: OHRM 2005:30

Sakamoto, Seiichirō

Sakamoto, Seiichirō

坂本清一郎

Geboren in Nara

7.1.1892 - 19.2.1987

 

Obwohl er in einer wohlhabenden Familie aufwuchs, war er gegen die Diskriminierung der burakumin. Er war derjenige, der den Namen Suiheisha vorschlug. Nach dem Krieg war er Berater des nationalen Komitees für die Buraku-Befreiung.

(OHRM 2005:27)

Foto: OHRM 2005:27

Komai Kisaku

Komai Kisaku

駒井喜作

18.05.1897 - 01.11.1945

Er wuchs in einer Kaufmannsfamilie auf und wurde Rechtsanwalt, brach den Beruf aber wegen der buraku-Diskriminierung ab. Er war auch eines der Gründungsmitglieder der Schwalbenvereinigung und engagierte sich für die Befreiung der buraku und für Gewerkschaftsaktivitäten. Er war derjenige, der die Erklärung verlesen hat. Im Jahr 1927 wurde er Generalsekretär der Arbeiter- und Bauernpartei der Präfektur Nara und engagierte sich ab 1931 für die Verbesserung der Situation der buraku in seiner Heimatstadt. (OHRM 2005:28)

Foto: OHRM 2005:28

Yoneda Tomi

Yoneda Tomi

米田富

Geboren in Nara

3.2.1901-4.5.1988

 

Geboren als Chisaki Tomiichirō (千崎富一郎), lernte er 1921 Saikō kennen. Im Jahr 1922 verteilte er auf dem Kongress zur Eliminierungder Diskriminierung von Landsleuten (Dōhō sabetsu tettei taikai) Flugblätter über die nationale Levellers-Gesellschaft. Danach wurde er Mitglied im Zentralkomitees und Leiter der Verlagsabteilung. Nach 1934 setzte er sich zusammen mit Saikō für die Abschaffung der buraku-Diskriminierung von einem nationalistischen Standpunkt aus ein. Nach dem Krieg wurde er erster Vorsitzender der Präfektur Nara-Abteilung der Buraku-Befreiungsliga.

(OHRM 2005:28)

Foto: OHRM 2005:28

Minami Umekichi

Foto: OHRM 2005:29

Minami Umekichi

南梅吉

Geboren in Shiga

10.5.1877 - 24.10.1947

 

Er engagierte sich seit 1902 in der Bewegung der buraku-Verbesserung (kaizen) und lernte 1921 Sakamoto kennen. Minami wurde Vorsitzender des Zentralkomitees der nationalen Levellers-Gesellschaft und sein Haus wurde zum Hauptquartier. Im Gegensatz zu seinen Kollegen war er gemäßigter, der mit der Harmonie-Bewegung zusammenarbeitete. Nach 1925 musste er aufgrund des „Spionagevorfalls“ von seinem Vorsitz zurücktreten und gründete daraufhin die japanische Levellers-Gesellschaft als Gegenbewegung, jedoch ohne Erfolg.

(OHRM 2005:29)

Hirano Shōken

Hirano Shōken

平野小劔

Geboren in Fukushima

13.9.1891 - 25.10.1940.

 

Hirano wurde 1904 Drucker und gehörte zum anarchistischen Teil der Arbeiterbewegung. Er forderte eine stärkere Sensibilisierung für das buraku-Problem und war Mitglied der Gründungsgruppe der nationalen Levellers-Gesellschaft. Er war Teil der Bewegung in Kanto und war dessen Leiter. Zusammen mit Minami wurde er wegen seiner engen Verbindung mit der Harmonie-Bewegung kritisiert und nach dem Spionagevorfall ebenfalls abgesetzt. Ab 1927 wandte er sich einer eher rechtsgerichteten Haltung zu.

(OHRM 2005:29)

Foto: OHRM 2005:29

Die Deklaration

Allgemeine Grundsätze
1. Die Tokushu burakumin werden die vollständige Befreiung durch eigene Anstrengungen erreichen.
2. Wir, die Tokushu burakumin, sind entschlossen, unsere Forderungen nach völliger Freiheit bei der Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten und bei der Wahl unserer Berufe zu verwirklichen.
3. Wir werden zu den Grundlagen der menschlichen Natur erwachen und zur höchsten menschlichen Vollkommenheit gelangen.

Tokushu burakumin im ganzen Land: Vereint euch!
Lang leidende Brüder! Im letzten halben Jahrhundert haben die Bewegungen, die so viele Menschen in unserem Namen und auf so unterschiedliche Weise haben keine nennenswerten Ergebnisse gebracht. Dieses Scheitern ist die Strafe dafür, dass wir uns selbst und anderen erlaubt haben, unsere eigene Menschenwürde zu erniedrigen. Frühere Bewegungen, die scheinbar von Mitgefühl motiviert waren, haben in Wirklichkeit viele unserer Brüder korrumpiert. Deshalb müssen wir jetzt unbedingt eine neue kollektive Bewegung organisieren, um uns durch die Förderung der Achtung der Menschenwürde zu emanzipieren.

Brüder! Unsere Vorfahren haben Freiheit und Gleichheit angestrebt und praktiziert. Sie waren die Opfer einer niederen, verächtlichen Klassenpolitik und sie waren die männlichen Märtyrer der Industrie. Als Lohn für das Häuten von Tieren wurde ihnen ihr eigenes lebendiges Fleisch entzogen; als Gegenleistung für das Herausreißen von Tierherzen wurde ihnen ihr eigenes warmes menschliches Herz entrissen. Sie wurden sogar mit Hohn und Spott bespuckt. Doch während all dieser scheußlichen Albträume war ihr menschlicher Stolz tief in ihrem Blut verwurzelt. Jetzt ist die Zeit gekommen, in der wir Menschen, die mit diesem Blut pulsieren, bald unsere göttliche Würde wiedererlangen werden. Die Zeit ist gekommen, in der die Opfer ihr Stigma ablegen können. Die Zeit ist reif für den Segen der Dornenkrone der Märtyrer.
Es ist die Zeit gekommen, in der wir stolz darauf sein können, Eta zu sein.
Wir dürfen nie wieder unsere Vorfahren beschämen und die Menschheit durch unterwürfige Worte und feige Taten entweihen. Wir, die wissen, wie kalt die menschliche Gesellschaft sein kann, die wissen, was es heißt, bemitleidet zu werden, suchen und verehren innig die Wärme und das Licht des menschlichen Lebens aus tiefstem Herzen.
Somit ist die Suiheisha entstanden.
Es möge Wärme in der menschlichen Gesellschaft sein, es möge Licht in allen Menschen sein

Die nationale Levellers Gesellschaft und ihre Deklaration waren die Hoffnung für diejenigen, die unter der buraku-Diskriminierung litten. Wie man in der Deklaration sehen kann: „Die Zeit ist gekommen, in der wir stolz darauf sein können, Eta zu sein“. Dies führte zu einer Neudefinition des Begriffs „eta“, der bis dahin nur in einem negativen Kontext verwendet worden war und gab den burakumin eine positive Identität, und viele fanden Gefallen an der Botschaft und Ideologie. (KKBM 2018:57-58).

 

Dies lässt sich auch im Folgenden erkennen:

 

"Within a year, about 60 local Suiheisha branches popped up across the nation, with the number quadrupling to about 240 the following year and nearly tripling again to over 700 by 1925."

("Innerhalb eines Jahres entstanden landesweit etwa 60 lokale Suiheisha-Zweigstellen, deren Zahl sich im darauffolgenden Jahr auf etwa 240 vervierfachte und sich bis 1925 auf über 700 nochmals fast verdreifachte.")

(Tsutsui 2018:160)

 

Mit dem Anstieg der Mitgliederzahlen wurde auch die Zeitschrift „suihei“ populär (Tsutsui 2018:160)

 

Innerhalb der Gesellschaft gab es diejenigen, die sich vorrangig für die Belange der burakumin und den aktiven Kampf gegen Diskriminierung durch Denunziation einsetzten (Tsutsui 2018:161), während ein anderer Strang über ein Bündnis mit der "broader working class" ("breiteren Arbeiterklasse") führte, da "[…] they argued that liberation was not possible without a socialist revolution" ("[...] sie argumentierten, dass eine Befreiung ohne eine sozialistische Revolution nicht möglich sei") (Tsutsui 2018:162).


Neben der Leveller Gesellschaft war die Harmonie (dōwa)-Bewegung weiterhin aktiv und wurde von der Regierung noch stärker unterstützt (Tsutsui 2018:162). Während es jedoch Organisationen gab, förderten einige innerhalb der Leveller Gesellschaft die Harmonie-Ideologie . Diese drei Strategien in einer einzigen Gruppe zu haben, bedeutete, dass interne ideologische Kämpfe die Gesellschaft beeinträchtigte (Tsutsui 2018:163).
 
Als der Krieg den Fokus der Regierung auf die Mobilisierung verlagerte, wurde der Aktivismus aufgegeben, da "even the core leaders of Suiheisha lent their support to the war […]" ("sogar die Hauptmitglieder der Suiheisha den Krieg unterstützten [...]") (Tsutsui 2018:163). Dies führte zur Auflösung der Leveller Gesellschaft im Jahr 1942 (Tsutsui 2018:1942).

Literaturverzeichnis

  • Cangià, Flavia. 2013. Performing the Buraku: Narratives on Cultures and Everyday Life in Contemporary Japan. 1st ed. Münster: LIT Verlag.

  • KKBM = ‘Kore kara no buraku mondai’ gakushū puroguramu sakusei kenkyū kai. 2018. Hajimete miyō! Korekara no buraku mondai gakushū: shōgakkō, chūgakkō, kōkō no purogramu [Let’s start! The buraku issue from now on: Program of elementary, middle and high school]. 1st ed. edited by Hyōgo buraku kaihō jinken kenkyūjo. Ōsaka: Kaihō shuppansha.

  • OHMR = Osaka Human Rights Museum, ed. 2005. Buraku sabetsu to mukiatta 100 nin [100 persons who faced the buraku issue]. Osaka: Osaka Human Rights Museum.

  • Sano, Manabu. 1922. ‘Tokushu Burakumin Kaihō Ron [Discussion on the Liberation of the Special Buraku]’. Pp. 153–76 in Nihon shakai shi joron [Introduction to the History of the Japanese Society]. Dōjinsha shoten.

  • Teraki, Nobuaki, and Midori Kurokawa. 2019. A History of Discriminated Buraku Communities in Japan. Amsterdam University Press.

  • Tsutsui, Kiyoteru. 2018. Rights Make Might: Global Human Rights and Minority Social Movements in Japan. 1st ed. New York: Oxford University Press.

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